Vortragssitzung

Pharmakoökonomie: Kosten-Nutzen-Analysen

Vorträge

Ocrelizumab zur Behandlung von primär progressiver multipler Sklerose in Deutschland: Eine Kosten-Nutzwert-Analyse
Jannik Frohne, Bergische Universität Wuppertal

Einleitung / Introduction

Mit Ocrevus® und dessen Wirkstoff Ocrelizumab, einem humanisierten monoklonalen Antikörper gegen das B-Lymphozyten-Antigen CD20, ist 2017 erstmalig ein Arzneimittel aus der Klasse der verlaufsmodifizierenden Medikamente zur Behandlung der primär progressiven multiplen Sklerose (PPMS) in Deutschland zugelassen worden. Diese seltene Verlaufsform der multiplen Sklerose zeichnet sich durch eine langsame und kontinuierliche Progredienz der neurologischen Symptome der Patienten*innen aus. Hier sollen in einer Kosten-Nutzwert-Analyse die gesundheitsökonomischen Folgen der Zulassung für Deutschland quantifiziert und ein internationaler Vergleich der Kosteneffektivität des Medikaments in unterschiedlichen Gesundheitssystemen durchgeführt werden.

Methode / Method

Mit Hilfe eines Markov Modells auf der Basis der Gesundheitszustände nach dem Expanded Disability Status Score (EDSS) der PPMS Patienten*innen wurde der Krankheitsverlauf gemäß der natürlichen und von Ocrelizumab beeinflussten Übergangswahrscheinlichkeiten in höhere EDSS Kategorien modelliert. Die Gesundheitszustände wurden dabei einerseits mit den Kosten der Behandlung der Krankheit, sowie andererseits mit der Lebensqualität, gemessen in Quality Adjusted Life Years (QALY), bewertet. Aus diesen Werten wurden dann Incremental Cost-Effectiveness Ratios (ICER) für verschiedene Krankheitsverläufe berechnet. Alle Daten stammen aus klinischen Studien und öffentlich zugänglichen Quellen.

Ergebnisse / Results

Im Vergleich zur standardmäßig eingesetzten symptomorientierten Therapie mit der Best Supportive Care (BSC) erreicht Ocrelizumab ICER-Werte von 217.167 €/QALY aus Kostenträgersicht und 188.329€/QALY aus gesellschaftlicher Perspektive bei einer Diskontierung der Daten von 3%. Dabei sind die Ergebnisse besonders sensitiv gegenüber dem Ausmaß des Therapieeffekts. So liegt der ICER-Wert aus gesellschaftlicher Perspektive beim Einsetzen der Untergrenze des 95%-Konfidenzintervalls des Therapieeffekts bei 99.539€/QALY, während die Kosten pro zusätzlichem QALY bei 2.762.872€ liegen, wenn die Obergrenze des Konfidenzintervalls zugrunde gelegt wird. Zudem zeigt die probabilistische Sensitivitätsanalyse große Variabilität in den möglichen Outcomes.

Zusammenfassung / Conclusion

Werden die besonders in der angloamerikanischen Literatur angewandten Schwellenwerte für die Kosteneffektivität von maximal dem dreifachen Bruttoinlandsprodukt pro Kopf einer Nation für ein zusätzliches QALY zugrunde gelegt, so erreicht Ocrelizumab diesen kosteneffektiven Bereich nicht. Dieses Ergebnis spiegelt sich auch in den Kosten-Nutzenbewertungen aus den USA, Großbritannien und Kanada wider, die zu denselben inhaltlichen Schlüssen kommen. Allerdings könnte eine Reduzierung des Preises von Ocrelizumab die Wahrscheinlichkeit der Kosteneffektivität erhöhen.


AutorInnen
Jannik Frohne, Bergische Universität Wuppertal
Helmut Brunner, Bergische Universität Wuppertal
Eine Kosten-Einfluss-Analyse des clonoSEQ®-Assays als valides und CE-zertifiziertes MRD-Diagnostikum (Minimale Resterkrankung) beim Multiplen Myelom in Deutschland
Stefan Walzer, MArS Market Access & Pricing Strategy GmbH

Einleitung / Introduction

Die Messung der minimalen Resterkrankung (MRD) mit dem clonoSEQ®-Assay wird bei der Beurteilung der residualen lymphatischen B-Zell-Tumorlast während der gesamten Behandlung mit erhöhter Spezifität, höherer Sensitivität und objektiver Beurteilung im Vergleich zu traditionellen zytomorphologischen Diagnostika eingesetzt. Mit zielgerichteten medikamentösen Therapien und Immuntherapien beim multiplem Myelom (MM) gewinnen standardisierte MRD-Bewertungsmethoden mit höherer Sensitivität und Spezifität zunehmend an Bedeutung. Das primäre Ziel dieser Analyse ist die Abschätzung der Kosteneffektivität der MRD-Diagnostik mit clonoSEQ® im Vergleich zu keiner MRD-Testung bei Patienten mit Multiplem Myelom unter medikamentöser Erhaltungstherapie in Deutschland.

Methode / Method

Der Kosteneinfluss von clonoSEQ® wurde aus der Perspektive der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung analysiert. Klinische Daten wurden aus Literatur und Expertenmeinungen abgeleitet. Der Kosteninput wurde auf der Grundlage öffentlich zugänglicher Daten und Literatur verwendet. Es wurde angenommen, dass Patienten im MRD-Arm alle 6 Monate einen MRD-Test erhalten. Das deterministische Markov-Modell besteht aus sechs Gesundheitszuständen, wobei jeder Patient am Beginn seiner medikamentösen Erhaltungstherapie steht. Eingeschlossene Therapien sind Lenalidomid für die Erhaltungstherapie und Carfilzomib, Lenalidomid und Dexamethason für die Rezidivbehandlung.

Ergebnisse / Results

Für einen Zeithorizont von zehn Jahren zeigt die deterministische Kosten-Einfluss-Analyse Gesamtkosten von € 322.123 für Patienten mit MRD-Test mit clonoSEQ® im Vergleich zu € 426.006 für simulierte Patienten ohne MRD-Test. Die Hauptfaktoren für die Kostenunterschiede sind die eingesparten Kosten für unnötige medikamentöse Therapien. Die Kosteneinsparungen pro Patient in einem Jahr betragen € 26.505. Die Kosteneinsparungen nach 3 Jahren werden mit € 96.680 pro Patient berechnet. Die Kosteneinsparungen nach 10 Jahren belaufen sich auf 103.883 € pro Patient.

Zusammenfassung / Conclusion

Basierend auf dem zugrunde liegenden gesundheitsökonomischen Modell kann der clonoSEQ®-MRD-Test die Krankenkassen in Deutschland dabei unterstützen, hochpreisige Medikamente bei der Behandlung des Multiplen Myeloms effizienter einzusetzen.


AutorInnen
Sebastian Krenberger, MArS Market Access & Pricing Strategy GmbH
Lutz Vollmer, MArS Market Access & Pricing Strategy GmbH
Filip Rosseel, Adaptive Biotechnology
Tony Hewitt, Adaptive Biotechnology
Benjamin Eckert, Adaptive Biotechnology
Stefan Walzer, MArS Market Access & Pricing Strategy GmbH
Phase III clinical trial costs and incremental cost-effectiveness ratio: a close link
Afschin Gandjour, Frankfurt School of Finance & Management

Einleitung / Introduction

Protocol-driven trial activities contribute to the utility gain demonstrated in a phase III clinical trial on a new drug. If this utility gain is not be separable from the utility gain attributable to the new drug itself, protocol-driven trial costs cannot be simply ruled out for consistency reasons. The purpose of this study is therefore to present an estimate on the change of the ICER when including the per-patient costs of phase III clinical trials.

Methode / Method

The analysis takes both a societal and a payer perspective. While costs of phase III clinical trials may cancel out for the period of ’normal’ life years because the cost calculation is incremental in nature, they do not cancel out during the period of life extension. Hence, per-patient phase III trial costs are calculated for the period of added life years based on literature data. Next, these costs are incorporated in the ICER of a new drug. From a societal perspective, capital costs are added.

Ergebnisse / Results

Based on out-of-pocket expenses of $50,000 for each patient enrolled in a phase III trial, incremental costs would increase by $47,000 from a societal perspective for a life expectancy gain of 3 months. From a payer perspective the estimate is $21,000.

Zusammenfassung / Conclusion

Phase III trial costs are a relevant cost component of the ICER that cannot be excluded for consistency reasons. By mandating their inclusion in the case of improved survival, manufacturers have an incentive not to overstate phase III trial costs. Hence, their inclusion also provides a device for true reporting of research and development (R&D) costs.


AutorInnen
Afschin Gandjour