Vortragssitzung
Ethical questions
Talks
Survival of the fittest? Beliefs in “Social Darwinism” and attitudes towards fair healthcare access
Thomas Resch
Einleitung / Introduction
Social Darwinism (SD) is embedded in political, social and economic ideas and belief-systems. These can be attributed to many political interpretations in welfare chauvinism, authoritarianism, extreme neoliberalism, and other frequently populist, anti-democratic, and nationalist positions. The COVID-19 pandemic has highlighted resource scarcity in healthcare and many existing trade-offs between health equity and other standards. I link the concept of SD with correlative prioritisation principles, like contribution-based meritocracy and entitlement based on hierarchy.
Methode / Method
I use data from an Austrian Corona Panel Project (ACPP) cross-section of May 2022. SD is measured through questions on ‘deserving and undeserving life’ and ‘policies that contradict society’s natural order’. Access criteria rely on survey items, each capturing one priority setting principle. Trust, political ideology, identity, self-rated social position, and other covariates are considered. I employ suitable regression techniques. Methodological rigour is supported by robustness checks.
Ergebnisse / Results
Beliefs in SD are significantly associated with attitudes towards fair healthcare access priorities. Strong SD-beliefs correspond to increased support of meritocratic, i.e. contribution-based, justice and relate to decreased endorsement of egalitarian healthcare access. Similarly, there appears to be a link between support for SD and the role of entitlement in attitudes to fair health care access. By contrast, SD-beliefs go counter egalitarian and need-based conceptions of fair healthcare.
Zusammenfassung / Conclusion
I advocate to involve general and biomedical ethics, as well as social justice theories, more strongly with empirical social science, in particular with quantitative data analysis and qualitative or mixed-methods. Other normative and policy-relevant arguments are discussed.
Authors
Thomas Resch
Human Enhancement im Gesundheitssystem und Alltag: Aktuelle und zukünftige Perspektiven [Human Enhancement in the health and everyday settings: Contemporary and future perspectives]
Niklas Döbler, University of Bamberg
Einleitung / Introduction
Human Enhancement beschreibt den Einsatz von verkörperten (embodied) Technologien mit dem Ziel menschliche Fähigkeiten zu verbessern oder neue zu erschaffen. Obwohl dieses Thema mit einer gewissen Abneigung bedacht wird, ist Human Enhancement ist bereits jetzt im Gesundheitssystem präsent. Prävalente Beispiele sind der Einsatz von Medikamenten zwecks kognitiver Leistungssteigerung, der Einsatz von Impfstoffen, aber auch kosmetische Eingriffe wie die Verabreichung von Botox. Vor diesem Hintergrund ist Human Enhancement nicht nur ein futuristisches, sondern zutiefst historisches Phänomen. Human Enhancement verdeutlicht die komplexe Beziehung zwischen Mensch und Technologie in alltäglicher Sichtweise, akademischer Forschung, und praktischer Umsetzung. Eine genaue Befassung mit dem Thema kann zum Verständnis beitragen, warum der medizinische Nutzen von aktuellen und zukünftigen Interventionen oftmals nicht die einzige Bewertungsgrundlage darstellt.
Methode / Method
Literatur Review
Ergebnisse / Results
Der funktionale Kern von Human Enhancement kann darauf reduziert werden, dass anstatt in die Umwelt einzugreifen, der Mensch selbst zum Ziel technologischer Intervention wird. In der öffentlichen Wahrnehmung findet sich eine ethische Differenz zwischen Human Enhancement und therapeutischen Interventionen. Auch wenn diese Unterscheidung in manchen akademischen Arbeiten aufgegriffen wird, erweist sie sich bei genauerer Betrachtung als schwer haltbar. Dieser Beitrag diskutiert ethische und praktische Aspekte von Human Enhancement. Nach einer ausführlichen Einordung des Phänomens in seiner Mannigfaltigkeit, geht er insbesondere auf die sozialen und ökonomischen Fallstricke ein, die sich bereits jetzt in Praxis und Diskurs zeigen.
Zusammenfassung / Conclusion
Human Enhancement verdeutlicht die komplexe Beziehung zwischen Mensch und Technologie in alltäglicher Sichtweise, akademischer Forschung, und praktischer Umsetzung. Eine genaue Befassung mit dem Thema kann zum Verständnis beitragen, warum der medizinische Nutzen von aktuellen und zukünftigen Interventionen oftmals nicht die einzige Bewertungsgrundlage darstellt.
Authors
Niklas Döbler, University of Bamberg
Claus-Christian Carbon, University of Bamberg
Positive Analyse, Ethik, und Praxis der Gesundheitsökonomie - ein Vorschlag zur kohärentistischen Verbindung dreier Welten
Wolf Rogowski, Universität Bremen
Einleitung / Introduction
Angesichts der ethischen Sensibilität vieler Fragen, die mit Entscheidungen über knappe Ressourcen im Gesundheitswesen in Verbindung stehen, stellt sich die Frage, wie ethische Aspekte angemessen in gesundheitsökonomische Analysen integriert werden können.
Methode / Method
Unter (positiver) Gesundheitsökonomik wird im Folgenden eine Wissenschaftsdisziplin verstanden, die der theoretischen und empirischen Analyse der rationalen Allokation knapper Ressourcen in Gesundheitswesen und Public Health gewidmet ist. Normative Gesundheitsökonomik (synonym: Ethik der Gesundheitsökonomik) wird als Analyse damit verbundener evaluativer und präskriptiver Fragestellungen aufgefasst. Unter Gesundheitsökonomie wird die Praxis verstanden, deren Probleme und Lösungsvorschläge die Ökonomik wissenschaftlich untersucht. Die Arbeit setzt sich ethisch mit dem Verhältnis dieser drei auseinander.
Ergebnisse / Results
Friedman (1953) folgend, gehen viele Ökonomen davon aus, dass man positive und normative Ökonomik strikt trennen könne und dass das Ideal wissenschaftlicher Wertfreiheit gebiete, sich auf positive Ökonomik zu konzentrieren. So könnte man die These vertreten, dass Ethik für den Kern der Gesundheitsökonomik irrelevant ist. Lediglich bei der Selektion von Forschungsproblemen oder der Anwendung der Ergebnisse könnte Ethik eine „nice to have“ interdisziplinäre Ergänzung darstellen. Arbeiten wie die von Malecka zu Werten in der Ökonomik (2021) zeigen jedoch, dass nicht nur im Entstehungs- und im Verwendungskontext wissenschaftlicher Arbeit normative Entscheidungen unvermeidbar sind. Auch der Kern empirischer wissenschaftlicher Arbeit wie bspw. Spezifikation von Konzepten und deren Operationalisierung, Modellbildung und Test von Hypothesen sind durchtränkt von normativen Urteilen. Fundamentistisch könnte man daher die Antithese vertreten, dass ethischen Theorien guter Gesundheitsversorgung Priorität eingeräumt werden muss und dass ökonomische Analyse diesen nachgelagert ist. Eine mögliche Synthese bietet der ethische Kohärentismus, nach dem ethische Begründungen ihre Überzeugungskraft aus der Kohärenz eines Systems von Aussagen gewinnen. Kohärentistisch könnte man orientiert an Rawls (1971) oder Rogowski (2023) argumentieren, dass es darauf ankommt, dass Problemverständnis bzw. Lösungsvorschlag konkreter gesundheitsökonomischer Handlungsempfehlungen, die Ergebnisse positiver ökonomischer Analysen, und Ergebnisse der ethischen Reflexion normativer Urteile (die in den positiven Analysen impliziert sind) kohärent zu einander sind.
Zusammenfassung / Conclusion
Dies bietet einen ethisch fundierten Rahmen für das, was John Neville Keynes (1890) „applied economics“ nannte – evidenzbasierte Gesundheitsökonomie als Suche nach Handlungsvorschlägen, die die größtmögliche Kohärenz mit empirischer Evidenz und darin implizierten Werturteilen aufweisen.