Poster session
Posterausstellung I
Poster
Systematische Untersuchung der Online-Buchungsoptionen bei Fachärzten - Unterschiede in den Wartezeiten bei gesetzlich - und privatversicherten Patienten
Cordula Kreuzenbeck, IU Internationale Hochschule
Einleitung / Introduction
<p>Durch den demographischen Wandel sinken zunehmend die Ärztezahlen bei gleichzeitigem Anstieg der Nachfrage. Die pauschalierte Abrechnung im ambulant-ärztlichen System schafft zudem ökonomische Anreize die Behandlung von privat-versicherten Patienten der von gesetzlich-versicherten vorzuziehen. Vorherige telefonische Untersuchungen (u.a. Schreyögg et al.) hatten vor diesem Hintergrund bereits teilweise längere Wartezeiten für Kassenpatienten bei der Terminbuchung gezeigt. Durch die Digitalisierung steigt die Anzahl an Arztpraxen, die eine Online-Terminbuchung anbieten. Da es in Online-Terminbuchungsplattformen (OTP) notwendig ist Regeln zu hinterlegen, müssen die Ärzte sich hierbei bewusst für eine Regelung entscheiden. Diese Untersuchung soll ermitteln, ob durch diese bewusste Festlegung von Regeln auf den OTP eine systematische Bevorzugung privat versicherter Patienten erfolgt und wie sich diese zwischen den Fachrichtungen unterscheidet.</p>
Methode / Method
<p>Das Online-Portal des Marktführers wurde systematisch durch Aufrufe in jeder Fachrichtung für drei Städte/Regionen überprüft. Betrachtet wurden die Zugangsmöglichkeiten für Neupatienten. Hierbei wurde im Vorfeld die für eine statistische Signifikanz notwendige Stichprobengröße festgelegt und weit überschritten. Die Ergebnisse wurden in einer Excel Tabelle festgehalten und mit SPSS statistisch ausgewertet. Hierbei wurden die Wartezeiten nach Fachrichtung und nach Versicherungsstatus untersucht. Mit Kreuztabellen wurde die statistische Signifikanz der gefundenen Zusammenhänge ermittelt.</p>
Ergebnisse / Results
<p>Bisher liegt ein Viertel der Daten vor und erste Auswertungen werden vorgenommen. Die gesamte Auswertung liegt Ende des Jahres vor. Es zeigt sich bereits jetzt eine deutliche Heterogenität bei den einzelnen Fachrichtungen, was die Unterscheidungen zwischen den Versicherungsarten betrifft. Auch die dann gefundenen längeren Wartezeiten gehen teilweise über mehrere Wochen hinaus. Zudem bietet die Datenbasis einen Vergleichspunkt für die Zukunft, insbesondere auch auf die Anzahl an Praxen die nur Privatpatienten betreuen.</p>
Zusammenfassung / Conclusion
<p>Obwohl sich hier durch die Beschränkung auf Arztpraxen mit Nutzung der OTP eine eingeschränkte Repräsentativität der Stichprobe für alle Arztpraxen ergibt, bildet die Untersuchung doch die Realität der Patienten ab, die versuchen über OTPs Arzttermine zu bekommen. Dies ist insbesondere in Bezug auf die wahrgenommene Zugänglichkeit der Fachärzte relevant, da ein frustraner Erstversuch über die OTP zu späteren Terminen und damit zu gesundheitlichen und ökonomischen Folgen durch den Aufschub relevanter Behandlungen führen kann. Eine Verschärfung dieser Situation durch vermehrte Knappheit und Zunahme von Investor geführten MVZ in der fachärztlichen Versorgung könnte antizipiert werden.</p>
Authors
Cordula Kreuzenbeck, IU Internationale Hochschule
Benedikt Hart, IU Internationale Hochschule
Stakeholder-Perspektiven auf die One-Health-Region Vorpommern: Chancen und Herausforderungen
Lena Schmeyers, Universität Greifswald, Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement
Einleitung / Introduction
<p>Die Wirtschaft in Vorpommern, im Nord-Osten von Deutschland, ist durch den Ostsee-Tourismus, die Landwirtschaft und einen hohen Bedarf an Gesundheitsversorgung geprägt, insbesondere hinsichtlich der Betreuung geriatrischer Patienten. Um einen ganzheitlichen Gesundheitsansatz (One Health) in der Region nachhaltig zu etablieren, wird die T!Raum-Initiative One-Health-Region Vorpommern für neun Jahre durch das BMBF gefördert. Ziel ist das Konzept von One Health in den Lebenspraktiken der Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft zu verankern, sodass es als grundlegendes Prinzip für die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt anerkannt und umgesetzt wird. RegioTransformOH ist eines von 10 Projekten und übernimmt die Strategieentwicklung des Konsortiums. Dafür werden Bedürfnisse und Herausforderungen regionaler Stakeholder einbezogen, um eine ganzheitliche Gesundheit in Vorpommern weiterzuentwickeln.</p>
Methode / Method
<p>Im Rahmen des Projektes RegioTransformOH wurde eine Stakeholder-Analyse in Vorpommern durchgeführt und 32 qualitative Interviews wurden erhoben. Die Stakeholder waren Vertreter aus folgenden Branchen: Veterinär- und Humanmedizin, Sozialvereinen, Land-, Forst- und Jagdwirtschaft, Ernährungs- und Umweltbranche, Tourismus-, Verkehrs- und Bausektor. In den Interviews wurde der Schwerpunkt auf aktuelle Herausforderungen mit Gesundheit im Betrieb, die wirtschaftliche Relevanz von One Health sowie die Bedürfnisse für eine One-Health-Region Vorpommern gelegt.</p>
Ergebnisse / Results
<p>Die interviewten Stakeholder äußerten sich überwiegend positiv gegenüber dem Konzept One Health und einer One-Health-Region in Vorpommern. Als regionale Bedürfnisse wurden die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung, die Förderung der Digitalisierung, der Abbau von Bürokratie, mehr Planungssicherheit sowie Unterstützung beim Verfolgen von ökologischen Konzepten, identifiziert. Für die gesamte Bevölkerung wurden stärkere soziale Verbindungen gewünscht, insbesondere für ältere Generationen sowie ein verbessertes Umgangskonzept mit Demenzerkrankten.</p>
Zusammenfassung / Conclusion
<p>In Vorpommern besteht durch die Zusammenarbeit von Stakeholdern und T!Raum-Initiative großes Potential, die Gesundheit in der Region zu verbessern und diese zu einer One-Health-Region weiterzuentwickeln. Das Konzept One Health kann sowohl für die Bewertung regionaler Herausforderungen, als auch zur Optimierung von Kosten und Nutzen für eine verbesserte Gesundheit von Menschen, Tieren und Umwelt dienen. Durch eine präventive und interdisziplinäre Strategie kann das Risiko von Gesundheitskrisen minimiert und verbundene Wirtschaftsausfälle verringert werden. Darüber hinaus können Arbeitsmärkte erweitert und neue Geschäftsmodelle im Gesundheitswesen geschaffen werden. Die Herausforderung wird es sein, nach der Förderphase, feste Strukturen in der Gesellschaft zu etablieren.</p>
Authors
Lena Schmeyers, Universität Greifswald, Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement
Susan Thomschke, Universität Greifswald, Institut für Geographie und Geologie, Lehrstuhl Wirtschafts- und Sozialgeographie
Daniel Schiller, Universität Greifswald, Institut für Geographie und Geologie, Lehrstuhl Wirtschafts- und Sozialgeographie
Steffen Fleßa, Universität Greifswald, Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement
"Tell me what you really, really want" - Eine Fallstudie zur Identifizierung von Verbesserungspotenzialen bei der Nutzer-Involvierung in der Entwicklung vernetzter digitaler Gesundheitstechnologien am Beispiel der Telematik-Infrastruktur
Gilbert Hövel, Universität Paderborn
Einleitung / Introduction
<p>Im Fokus der digitalen Transformation des Gesundheitswesens stehen aktuell vernetze Technologien, wie die elektronische Patientenakte (ePA). Trotz den immensen Potenzialen in der Steigerung von Effizienz und Effektivität der Gesundheitsversorgung dieser Technologien, zeigt sich eine mangelnde Akzeptanz und insgesamt geringe Adoptionsraten. So nutzen in Deutschland vor Einführung des Opt-out Verfahrens nur 1% der gesetzlich Krankenversicherten die ePA. Akzeptanzstudien zeigen dabei, dass sich dies auf mangelnde Praxis-Komptabilität und Nutzerzentrierung zurückführen lässt. Im Rahmen unseres GBA-geförderten Projektes haben wir daher das Ziel, Verbesserungspotenziale bei der Nutzer-Involvierung in der Entwicklung vernetzter digitaler Technologien im Gesundheitswesen zu identifizieren.</p>
Methode / Method
<p>Unser Studie haben wir mittels eines Case Study-Ansatzes am Beispiel der deutschen Telematik-Infrastruktur (TI) durchgeführt, welche unter anderem die ePA und das E-Rezept beinhaltet. Insgesamt haben wir fast 30 Interviews mit Produktmanagern und Entwicklern der Gematik (Betreiber der TI), einem großen Softwarehersteller und Krankenkassen sowie medizinischen Anwendern durchgeführt, Beobachtungen in Zulassungsworkshops mit Behörden gesammelt und Dokumentationen ausgewertet. Die Daten wurden mit MAXQDA analysiert.</p>
Ergebnisse / Results
<p>Unsere Ergebnisse zeigen, dass Verbesserungspotentiale im Kern im Management von konkurrierenden Anforderungen liegen. So verfolgt die Gematik als zentraler Akteur nicht das Ziel, den Gesamtnutzen der Lösungen zu maximieren, sondern die Anforderungen nach dem dem Minimalkonsens aller Akteure zu definieren. Darüber hinaus zeigen sich Probleme in der Auswahl der Nutzer-Involvierungsmethode (bspw. Umfrage oder Workshop) und des Samples (z.B. Endnutzer oder Verbände). Daneben wirken mangelnde Kommunikation zwischen den Akteuren und langwierige, regulatorische Prozesse negativ auf die Systemerfolgsfaktoren der TI-Lösungen aus. Es müssen also bestehende Strukturen im Entwicklungsprozess überarbeitet werden und neue Governance-Strukturen im Anforderungsmanagement geschaffen werden.</p>
Zusammenfassung / Conclusion
<p>Wir zeigen somit auf, an welchen Stellen Strukturen der TI anzupassen sind, um die Nutzer-Involvierung der TI-Lösungen zu erhöhen. Unsere Arbeit liefert somit wichtige Erkenntnisse für das deutsche Gesundheitssystem im Speziellen und der Entwicklung von vernetzten digitalen Lösungen im Allgemeinen.</p>
Authors
Gilbert Hövel, Universität Paderborn
Simon Trang, Universität Paderborn
Torben Rehmer, Universität Paderborn
Stopp der Isolationsmaßnahmen von PatientInnen mit 3MRGN-Erregern auf deutschen Intensivstationen: Was sind die Folgen für Besiedlungshäufigkeit, Fallkosten und Verweildauer?
Daniele Civello, Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Universitätsklinikum Köln
Einleitung / Introduction
Im Rahmen des Innovationsfond-Projekts „SIMoN - Stopp der Isolation von Patienten mit Multiresistenten, gramNegativen Erregern (3MRGN) auf deutschen Intensivstationen“ wurde evaluiert, ob der Ersatz der vertikalen Präventionsstrategie (Kontaktisolation) zur Reduktion der Ausbreitung von 3-MRGN im Krankenhaus durch horizontale Strategien (forcierte Händehygiene-Compliance, Fortbildungen zur Infektionsprävention auf allen Stationen) effektiv ist. Anhand von Abrechnungsdaten dreier großer Krankenkassen wurde zusätzlich eine gesundheitsökonomische Evaluation mit Hauptaugenmerk auf Kosten und Verweildauer durchgeführt.
Methode / Method
Für diese gesundheitsökonomische Evaluation wurde die Methode der Kosten-Konsequenzen-Analyse gewählt. Die Analyse basierte auf Abrechnungsdaten der beteiligten Krankenkassen BARMER, DAK Gesundheit und Techniker Krankenkasse, der an der Studie teilnehmenden Krankenhäuser. Die gelieferten Daten umfassten den Zeitraum vom 01.01.2020 bis 31.10.2023. Die Analyse betrachtete eine Subgruppe von Krankheitserregern der Gruppe der 3MRGN. Besiedlungen und Infektionen mit diesen Erregern wurden mittels ICD-Diagnosen identifiziert, dabei wurden die Diagnosen U81.20, U81.21, U81.30 und U81.31 berücksichtigt. Die Intervention wurde auf Intensivstationen durchgeführt. Daher musste zusätzlich eine intensivmedizinische Behandlung identifiziert werden. Dafür wurden entsprechende OPS-Codes, genauer: 8-980.x, 8-897.0x, 8-897.1x, 8-98f.x, 8-89g.0x und 8-98g.1x in Ansatz gebracht.
Ergebnisse / Results
Im Interventionszeitraum wurden weniger Besiedlungen mit 3MRGN abgerechnet als im Kontrollzeitraum (3% vs. 6%, bzw. 587 Fälle vs. 753 Fälle). Von diesen wurden im Interventionszeitraum 2% und im Kontrollzeitraum 5% isoliert bzw. 62% vs. 74% nicht isoliert. Die durchschnittlichen Kosten je isoliertem Fall lagen bei 5.688,85€ vs. 27.520,95€, die durchschnittliche Verweildauer bei 8,67 Tagen vs. 25,57 Tagen, jeweils Interventions- vs. Kontrollzeitraum, beide Unterschiede erwiesen sich als signifikant (p<0,01). Bezogen auf alle 3MRGN-Fälle auf Intensivstationen waren die Mittelwerte bei Kosten und Verweildauer nicht signifikant unterschiedlich.
Zusammenfassung / Conclusion
Im Interventionszeitraum wurden weniger Besiedlungen mit 3MRGN zur Abrechnung gebracht, zusätzlich wiesen diese weniger Kosten und eine kürzere Verweildauer auf. Aufgrund der niedrigen Fallzahl dieser Analyse, sowie weiterer Limitationen der Datengrundlage, ist jedoch von einer eingeschränkten wissenschaftlichen Belastbarkeit der Ergebnisse auszugehen. Sie sollten daher vorsichtig interpretiert werden.
Authors
Daniele Civello, Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Universitätsklinikum Köln
Dusan Simic, Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Universitätsklinikum Köln
Stephanie Stock, Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Universitätsklinikum Köln
Business Process Framework und Serviceorientierung als Strategiefeld im Krankenhaus
Johannes Kriegel, FH OÖ Department Gesundheits-, Sozial- und Public Management
Einleitung / Introduction
Das strategische Management in österreichischen Krankenhäusern gewinnt zunehmend an Bedeutung. Ein besonderes Strategiefeld sind hier die lean-basierten Unterstützungsprozesse und Services. Dieses gilt es, zielgerichtet und konzeptionell zu entwickeln und zu forcieren. Es stellt sich die Frage: Wie sollte das Strategiefeld lean-basierte Unterstützungsprozesse und Service-Ausgestaltung im Krankenhaus aus Sicht der Entscheidungs- und Führungsverantwortlichen ausgestaltet und weiterentwickelt werden?
Methode / Method
Mittels Mixed-Methoden-Ansatz aufbauend auf einer semi-strukturierten Literaturrecherche wurde eine Online-Umfrage unter Krankenhausleitungen (Kollegiale Führung) österreichischer Krankenhäuser durchgeführt. Dabei wurden die unterschiedlichen Zielsetzungen, Herausforderungen und Lösungsansätze des Strategiefeldes Unterstützungsprozesse und Services im Krankenhaus, aus der Perspektive der Führungs- und Entscheidungsverantwortlichen erhoben (N = 399, n = 65, rr = 16,3%). Die Online-Befragung erfolgte vom 5.05.2023 - 12.05.2023 (8 Tage).
Ergebnisse / Results
Die Ergebnisse veranschaulichen eine zentrale Rolle der Unterstützungsprozesse und Services für die Leistungserstellung und Versorgungsqualität im Krankenhaus. Als zentrale Stellhebel konnten Ressourcenmanagement, Mitarbeiterengagement sowie Leistungsspektrum und Spezialisierung identifiziert werden. Die unterschiedlichen konkreten Handlungsoptionen wurden anhand von Labordiagnostik, Patientenlogistik sowie Textil- und Wäscheversorgung im Krankenhaus erhoben und interpretiert. Ferner konnte der Reifegrad der Unterstützungsprozesse und Services erhoben und im Vergleich zur digitalen Reife in österreichischen Krankenhäusern interpretiert werden.
Zusammenfassung / Conclusion
Die komplexe und vernetzte Patientenversorgung und Leistungserbringung im Krankenhaus erfordern eine verstärkte Serviceorientierung und Ressourceneffizienz. Mittels eines Business Process Framework (BPF) können die zentralen Geschäftsprozesse eines Krankenhauses strukturiert abgebildet und standardisiert werden. Diese systematische Übersicht über alle zentralen Prozesse unterstützt die Interaktionen zwischen Aktivitäten besser zu verstehen und zu steuern. Diese gilt es, sowohl gegenüber den Patienten als auch den internen Kunden anforderungs- und abnehmerbezogen zu organisieren und zu erbringen. Als mögliche Lösungsansätze und Maßnahmen bieten sich hier Prozessoptimierung, Dienstleistungsentwicklung und Lean Management Instrumente an.
Authors
Johannes Kriegel, FH OÖ Department Gesundheits-, Sozial- und Public Management
Clemens Rissbacher, Institut für Public Health, Medical Decision Making und HTA, UMIT TIROL - Private Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik, Innsbruck
Sustainability Maturity Assessment Framework für eine klimaneutrale und nachhaltige Patientenversorgung im Krankenhaus
Johannes Kriegel, FH OÖ Department Gesundheits-, Sozial- und Public Management
Einleitung / Introduction
Klimaneutraler Ressourceneinsatz und nachhaltige Organisationsgestaltung gewinnen im Krankenhauswesen zunehmend an Bedeutung. Diese Themenbereiche gilt es, zielgerichtet und konzeptionell zu entwickeln und zu forcieren. Es stellt sich die Frage: Wie lässt sich mittels eines Sustainability Maturity Assessment Framework die Reife einer klima-beeinflussten und nachhaltigen Patientenversorgung im Krankenhaus aus Sicht der Entscheidungs- und Führungsverantwortlichen und Technischen Leitungen in Österreich identifizieren und (weiter)entwickeln?
Methode / Method
Über zwei Expertenworkshops mit Health Professionals sowie Prozessverantwortlichen im Krankenhaus (n = 14, 4/2023; n = 8, 11/2023) wurde ein Sustainability Maturity Assessment Framework entwickelt sowie über eine Online-Umfrage unter Krankenhausleitungen und Technische Leitungen österreichischer Krankenanstalten (N = 401, n = 66, rr = 16,5%) getestet. Ferner wurden die unterschiedlichen Zielsetzungen, Herausforderungen und Lösungsansätze einer Klima-beeinflussten und nachhaltigen Patientenversorgung im Krankenhaus, aus der Perspektive der Führungs- und Entscheidungsverantwortlichen erhoben
Ergebnisse / Results
Das Gesundheits- und Krankenhauswesen ist für einen nicht unerheblich Anteil des CO2-Ausstoßes und Ressourcenverbrauchs in entwickelten Industrienationen mitverantwortlich. Nach Einschätzung der Managementverantwortlichen ergibt sich eine zunehmende Verpflichtung den Ressourcenverbrauch sowie die Leistungserbringung im Krankenhaus verstärkt an Klimazielen auszurichten. Aktuell ergibt sich noch ein moderater Reifegrad der Organisationsausgestaltung in österreichischen Krankenanstalten hinsichtlich klimaneutraler und nachhaltiger Patientenversorgung. Neben einer ausdifferenzierten Nachhaltigkeitsberichterstattung gilt es, die Leistungserbringung und Systemausgestaltung über konkrete Maßnahmen mittels eines zielgerichteten Vorgehensmodell zu verfolgen und zu intensivieren.
Zusammenfassung / Conclusion
Die zunehmenden Klimaveränderungen führen nicht nur zu einem sich wandelnden Anforderungsprofil gegenüber Krankenhäusern, sondern bedingen auch veränderte Strategien bezüglich Ressourcennutzung und Leistungserbringung. Diese Veränderungen erfordern neue Strukturen und Prozesse sowie eine angepasste Organisationsgestaltung, die durch geeignete Konzepte und operationalisierte Maßnahmen zu realisieren sind.
Authors
Johannes Kriegel, FH OÖ Department Gesundheits-, Sozial- und Public Management
Anna Reckwitz, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)
Principal Agent Problem and Communication in Care
Alexander Haering, RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e.V.
Einleitung / Introduction
Das Prinzipal-Agenten-Problem beschreibt einen Prioritätenkonflikt zwischen einem Prinzipal, der eine Delegationsbeziehung initiiert, und einem Agenten, der befugt ist, in dessen Namen zu handeln. Im Kontext der informellen Pflege ist der Pflegebedürftige der Prinzipal, während der versorgende Arzt oder eine andere Pflegekraft die Rolle des Agenten übernimmt. Ein zentrales Problem besteht darin, dass der Agent Entscheidungen treffen kann, die nicht den besten Interessen des Prinzipals entsprechen. Traditionell erfolgt die Pflege älterer Menschen durch direkte Angehörige, jedoch erfordert der demografische Wandel innovative Modelle der pflegerischen Versorgung. Unser Ansatz erweitert das klassische Prinzipal-Agenten-Problem, indem ein Mittler zwischen Patient (Prinzipal) und Arzt/Pflegekraft (Agent) eingeführt wird. Dieser Mittler kann ein medizinischer Experte, ein Familienmitglied oder ein gesetzlicher Vormund sein und soll im Interesse des Prinzipals agieren. Ziel dieser Studie ist es, die Wirkung unterschiedlicher Mittlerkonstellationen auf Entscheidungsprozesse im Gesundheitswesen zu analysieren. Dabei werden Aspekte der sozialen Distanz zwischen Mittler und Pflegebedürftigem und deren Einfluss auf medizinische Entscheidungen untersucht. Methodisch stützt sich die Analyse auf einen Mixed-Methods-Ansatz, der qualitative Interviews, ökonomische Laborexperimente und quasi-experimentelle Methoden umfasst. Diese multidimensionale Herangehensweise erlaubt eine differenzierte Betrachtung der Auswirkungen unterschiedlicher Mittlerrollen, wie z.B. Pflege(fach)personen, Familienangehörige und gesetzliche Vormünder. Der Fokus liegt auf der Untersuchung, wie die soziale Distanz zwischen Mittler und Prinzipal Entscheidungen im medizinischen Kontext beeinflusst. Die Ergebnisse dieser Studie sollen zur Entwicklung effektiverer Pflege- und Betreuungsmodelle beitragen, die den Interessen der Pflegebedürftigen besser entsprechen und gleichzeitig die potenziellen Interessenkonflikte im Prinzipal-Agenten-Verhältnis mindern.
Authors
Alexander Haering, RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e.V.
Ingo Kolodziej, RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung e.V.
Corinna Baum, Hochschule Fresenius
Analytic Hierachy Process zur Identifizierung strategischer Stellhebel eines Green Hospital Managements
Johannes Kriegel, FH OÖ Department Gesundheits-, Sozial- und Public Management
Einleitung / Introduction
Green Hospital Management umfasst die strategische und operative Gestaltung und Steuerung eines Krankenhauses unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Ziel ist es, u.a. den ökologischen Fußabdruck zu minimieren, die Ressourcen effizient zu nutzen und eine klimaneutrale, gesunde Umgebung für Patienten und Mitarbeitende zu gewährleisten. Es stellt sich die Frage: Welche relevanten strategischen Stellhebel ermöglichen und unterstützen ein umfassendes Green Hospital Management zur Stärkung einer klimaneutralen und nachhaltigen Patientenversorgung im Krankenhaus?
Methode / Method
Mittels eines adaptierten Analytic Hierarchy Process (AHP) auf Basis einer semi-strukturierten Literaturrecherche, drei Expertenworkshops (n = 12, 11/2023; n = 21, 11/2023; n = 15, 3/2024) und einer Online-Umfrage unter Krankenhausleitungen (Kollegialen Führung) österreichischer Krankenanstalten (18.01.2024 - 25.01.2024; N = 401; n = 66; rr = 16,5 %) wurden die unterschiedlichen Zielsetzungen, Einflussfaktoren, Stellhebel und Lösungsansätze der strategischen Steuerung der Klimaneutralität und Nachhaltigkeit im Krankenhaus erhoben und analysiert.
Ergebnisse / Results
Es wurde deutlich, dass die klimaneutrale und nachhaltige Patientenversorgung im Krankenhaus verstärkt in den Fokus der Führungs- und Entscheidungsverantwortlichen rückt. Als zentrale Zielsetzungen lassen sich Abfallminimierung und Recycling, Mitarbeiteraufklärung, -akzeptanz und -verhalten sowie Energie- und Ressourceneffizienz hervorheben. Es wurde ein breites Spektrum an unterschiedlichen externen und internen Einflussfaktoren auf die Klimaneutrale und Nachhaltige Leistungserbringung in österreichischen Krankenhäusern identifiziert. Es wurde erkennbar, dass Führungsverhalten, Strategisches Management und Leistungsspektrum den größten und wirkungsvollsten Einfluss (Stellhebel) auf Klimaneutralität und Nachhaltigkeit im Krankenhaus haben.
Zusammenfassung / Conclusion
Ausgehend von den identifizierten Zielsetzungen, vielfältigen Aktivitäten und messbaren Ergebnissen lassen sich im Rahmen eines Logic Models nachvollziehbare Wirkungsketten des Green Hospital Managements entwickeln. Zunehmende Leistungsnachfrage sowie verstärkt limitierte Ressourcenverfügbarkeit erfordern eine verstärkte zielgerichtete und konzeptionelle Steuerung sowie eine konzeptionelle Ausrichtung der klima-beeinflussten, klimaneutralen und nachhaltigen Patientenversorgung im Krankenhaus durch ein zielgerichtetes Green Hospital Management.
Authors
Johannes Kriegel, FH OÖ Department Gesundheits-, Sozial- und Public Management
Anna Reckwitz, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)
Kosten im Zusammenhang mit der Alzheimer-Krankheit bei im Haushalt lebenden Patienten in Deutschland: eine aktualisierte Analyse der prospektiven Beobachtungsstudie GERAS
Erika de Verga, Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg, Deutschland
Einleitung / Introduction
Alzheimer Krankheit (AD) und Demenz sind große wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen. Angesichts steigender Gesundheitskosten untersucht diese Analyse die soziale und wirtschaftliche Belastung durch AD-Demenz in Deutschland basierend auf aktualisierten direkten und indirekten Kosten für im Haushalt lebende Patienten und deren pflegende Angehörige, stratifiziert nach Schweregrad der AD-Demenz.
Methode / Method
GERAS war eine prospektive, multizentrische Beobachtungsstudie zur Routineversorgung von AD-Demenzpatienten in Deutschland, Frankreich und UK zwischen Oktober 2010 und September 2011. Daten zum Ressourcenverbrauch wurden mithilfe des Resource Utilization in Dementia-Fragebogens erfasst. Die gesamtgesellschaftlichen Kosten zu Studienbeginn basierten auf Kosten für die Gesundheits- und Sozialfürsorge der Patienten, für die Gesundheitsfürsorge der pflegenden Angehörigen und für die private Pflege der Patienten. Die Schätzung der aktuellen Pflegekosten für Patienten mit AD-Demenzin Deutschland erfolgte durch Aktualisierung der Kosteneinheiten von 2023, basierend auf Literaturrecherchen, offiziellen Quellen und Datenbanken, und deren Anwendung auf die ursprünglichen GERAS-Ressourcendaten. Es wurde ein Opportunitätskostenansatz unter Ausschluss der Zeit für Beaufsichtigung der Patienten angewendet.
Ergebnisse / Results
Daten von 552 AD-Demenzpatienten in Deutschland (mittleres Alter [Standardabweichung (SD)] 75,2 [7,6] Jahre; n=228 mit leichter, n=157 mit mittelschwerer, n=167 mit schwerer AD-Demenz) und ihren pflegenden Angehörigen wurden analysiert. Die geschätzten durchschnittlichen (SD) jährlichen gesellschaftlichen Kosten pro Patient lagen 2023 bei 41.067 € (60.713 €) – ein Anstieg um 46 % gegenüber 2010 (28.185 € [37.371 €]). Die Zahl stieg mit zunehmendem Schweregrad der AD-Demenz (leicht: 22.881 € [34.667 €]; mittelschwer: 42.123 € [55.879 €]; schwer: 65.192 € [81.605 €]. Private Pflegekosten waren der größte Kostenfaktor (55 % der Gesamtkosten 2023) und stiegen von 2010 bis 2023 um 38 % (stärkerer Anstieg als der des Verbraucherpreisindex von 33 %). Die direkten Gesundheitsversorgungskosten der Patienten stiegen um 52 % und machten 25 % der Gesamtkosten 2023 aus.
Zusammenfassung / Conclusion
Die Kosten stiegen mit dem Schweregrad der AD-Demenz, wobei private Pflegekosten, wie auch in der GERAS Studie, 2023 weiterhin den größten Anteil ausmachten. Veränderungen in der klinischen Versorgung wurden nicht berücksichtigt, da sich die medikamentöse Behandlung der AD-Demenz seit 2010 in Deutschland kaum geändert hat. Die aktualisierten Kosten zeigen die wachsende wirtschaftliche und soziale Belastung durch AD-Demenz. Gesellschaftliche Veränderungen wie die steigende Anzahl alleinlebender Menschen könnten Kosten und Bedarf an Langzeitpflege negativ beeinflussen. Offenlegungen Die GERAS-Studie und diese aktualisierte Analyse wurden von Eli Lilly and Company unterstützt. SB, CB, JG, SD, EDV sind Mitarbeiter und Aktionäre von Eli Lilly and Company. BM ist/war bezahlter Berater von Lilly und Biogen und ist Mitglied der EuroQol-Gruppe. Er erhielt außerdem Fördermittel vom EJPRD, G-BA, BMBF, der EuroQol-Gruppe und der Deutschen Demenzhilfe. RD war Berater für die ursprüngliche GERAS-Studie. RD war an industriefinanzierten Forschungsprojekten von Lilly und Roche beteiligt, und als Berater für Lilly, Roche, Eisai und Novo Nordisk tätig. Er erhielt Honorare für wissenschaftliche Präsentationen von AbbVie, Bayer Vital, Lilly, Eisai, Schwabe und Roche, erhielt Tantiemen für Veröffentlichungen von Kohlhammer und Thieme und hält Patente der Philipps-Universität Marburg für Immunisierung bei neurodegenerativen Erkrankungen.
Authors
Erika de Verga, Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg, Deutschland
Bernhard Michalowsky, Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) Rostock/Greifswald, Forschung zu patientenbezogenen Ergebnissen und Gesundheitsökonomie, Greifswald, Deutschland
Richard Dodel, Lehrstuhl Geriatrie, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland
Jiaying Guo, Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg, Deutschland
Sascha Alexander Dichter, Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg, Deutschland
Cornelia Baudisch, Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg, Deutschland
Sebastian Bölz, Lilly Deutschland GmbH, Bad Homburg, Deutschland
Individuelle und kontextuelle Einflussfaktoren der Inanspruchnahme von Apothekenleistungen - eine mehrebenenanalytische Betrachtung auf Basis von GKV-Routinedaten
Eric Faß, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig, Deutschland
Einleitung / Introduction
<p>Öffentliche Apotheken leisten einen wesentlichen Beitrag für die Gesundheitsversorgung, indem sie die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und weiteren apothekenspezifischen Leistungen sicherstellen. In Folge der demografischen Alterung ist ein Anstieg in der Nachfrage durch die Bevölkerung zu erwarten. Da zugleich die Anzahl öffentlicher Apotheken seit einigen Jahren rückläufig ist, wird es für die zukünftige Sicherstellung einer bedarfsgerechten Apothekenversorgung innovativer Lösungsansätze bedürfen. Hierfür sind u. a. differenzierte Kenntnisse über regionale Variationen in der Inanspruchnahme sowie deren Einflussfaktoren relevant. Ziel des vorliegenden Beitrages ist die Analyse regionaler Unterschiede in der Inanspruchnahme von Apothekenleistungen im Freistaat Bayern, unter Berücksichtigung individueller und kontextueller Einflussfaktoren sowie deren Wechselwirkungen.</p>
Methode / Method
<p>Zunächst werden im Rahmen einer strukturierten Literaturrecherche sozioökonomische und strukturelle, morbiditätsassoziierte individuelle sowie kontextuelle Einflussfaktoren der Inanspruchnahme von Apothekenleistungen identifiziert. Die Inanspruchnahme, operationalisiert über die Anzahl der in Apotheken abgegebenen Arzneimittel, sowie individuelle sozioökonomische und morbiditätsassoziierte Einflussfaktoren werden auf Basis von GKV-Routinedaten der AOK Bayern aufgegriffen. Mittels Erreichbarkeitsanalysen werden durchschnittliche Wegzeiten von Bevölkerungsstandorten zur jeweils nächstgelegenen öffentlichen Apotheke auf Ebene der Landkreise und kreisfreien Städte berechnet. Für weitere kontextuelle Faktoren werden öffentlich verfügbare Sekundärdaten berücksichtigt. Die Analysen erfolgen anhand hierarchisch linearer Modelle, wobei ein Schwerpunkt auf der Analyse von Cross-Level-Effekten liegt.</p>
Ergebnisse / Results
<p>Aktuell befinden sich die GKV-Routinedaten in der Qualitätssicherung und erste Analyseskripte sind in Vorbereitung, weswegen noch keine Ergebnisse vorliegen. Zum Zeitpunkt der Konferenz werden allerdings erste Ergebnisse präsentiert werden können.</p>
Zusammenfassung / Conclusion
<p>In Anbetracht des fortlaufenden Rückgangs öffentlicher Apotheken unter gleichzeitiger Erwartung eines Anstiegs des Bedarfs an apothekenspezifischen Leistungen sind Kenntnisse über Faktoren, welche die regionale Variation der Inanspruchnahme beeinflussen, von großer Relevanz für die zukünftige Ausgestaltung der Apothekenversorgung.</p>
Authors
Eric Faß, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig, Deutschland
Josephine Thiesen, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig, Deutschland
Andrea Feldhus, Technische Universität München, Fachgebiet für Gesundheitsökonomie, München, Deutschland
Christopher Bühler, Technische Universität München, Fachgebiet für Gesundheitsökonomie, München, Deutschland
Leonie Sundmacher, Technische Universität München, Fachgebiet für Gesundheitsökonomie, München, Deutschland
Ines Weinhold, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig, Deutschland
Franziska Claus, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig, Deutschland
Erreichbarkeit von öffentlichen Apotheken in Bayern
Sandra Stark, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig, Deutschland
Eric Faß, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig, Deutschland
Einleitung / Introduction
<p>Öffentliche Apotheken sind ein wichtiger Bestandteil der Gesundheitsversorgung in Deutschland. Für eine bedarfsgerechte Versorgung ist dabei unter anderem deren Erreichbarkeit, bspw. in Form der Entfernung zwischen Bevölkerung und Apothekenstandorten, von Bedeutung. Der seit einigen Jahren zu verzeichnende Rückgang an öffentlichen Apotheken bei - aufgrund der demografischen Alterung - zu erwartendem Anstieg des Bedarfs lässt Herausforderungen für die regionale Versorgung durch Apotheken erwachsen. Um diesen zukünftig adäquat begegnen zu können, sind auch Kenntnisse zum Status quo der Erreichbarkeit und zur bevölkerungsspezifischen Akzeptanz von Wegzeiten essenziell. Das Ziel dieses Beitrags ist die kleinräumige Analyse von Wegzeiten zu öffentlichen Apotheken im Freistaat Bayern, unter Berücksichtigung einer bevölkerungsspezifischen Wegzeitakzeptanz. Besonderer Fokus liegt hierbei zudem auf regionalen Variationen.</p>
Methode / Method
<p>Um Erreichbarkeiten von öffentlichen Apotheken in Bayern zu analysieren, wurden PKW-Wegzeiten zwischen Bevölkerungsstandorten und der nächstgelegenen öffentlichen Apotheke berechnet. Die Erfassung der Apotheken erfolgte dabei auf Adressebene, als Bevölkerungsstandorte wurden die Mittelpunkte von 1km x 1km-Gitterzellen angenommen. Dies ermöglicht die kleinräumige Betrachtung von Erreichbarkeiten sowie die Bildung von bevölkerungsgewichteten Durchschnitten auf höheren Aggregationsebenen. Zudem wurde anhand einer Bevölkerungsbefragung der Zusammenhang zwischen Wegzeit und der Akzeptanz dieser untersucht. Auf Basis eines gewichteten logistischen Regressionsmodells wurden anschließend mittels Prädiktionen Schwellwerte für eine als akzeptabel empfundene Wegzeit berechnet.</p>
Ergebnisse / Results
<p>Die durchschnittliche Fahrzeit zur nächstgelegenen Apotheke beträgt in Bayern 3 Minuten bei einer Distanz von 2,1 Kilometern. Während die Bevölkerung in Verdichtungsräumen im Durchschnitt 2,1 Minuten zur nächstgelegenen Apotheke benötigt, sind es im ländlichen Raum 3,7 Minuten. Diese Durchschnitte liegen unter der in der Bevölkerungsbefragung ermittelten Akzeptanzschwelle von 6,3 Minuten. Innerhalb dieser Zeit können mittels PKW 81,2% der bayerischen Bevölkerung im ländlichen Raum und 96,6% im Verdichtungsraum eine Apotheke erreichen.</p>
Zusammenfassung / Conclusion
<p>In diesem Beitrag werden die regionalen Unterschiede in den Erreichbarkeiten zur Apothekenversorgung mittels PKW dargestellt. Trotz höherer Wegzeiten im ländlichen Raum liegen die berechneten durchschnittlichen Wegzeiten unterhalb des als akzeptabel eingeschätzten Grenzwerts. Aufgrund des zu erwartenden Anstiegs des Bedarfs bei gleichzeitigem Rückgang an Apotheken ist zu berücksichtigen, dass sich die Versorgungssituation jedoch zukünftig auch verschlechtern kann.</p>
Authors
Sandra Stark, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig, Deutschland
Eric Faß, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig, Deutschland
Marco Müller, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig, Deutschland
Josephine Thiesen, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig, Deutschland
Ines Weinhold, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig, Deutschland
Franziska Claus, Wissenschaftliches Institut für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung (WIG2), Leipzig, Deutschland
Kosten der stationären Versorgung von Pflegeheimbewohnern: Qualitätsbeurteilung und Ergebnisse einer Übersichtsarbeit zur Erfassung stationärer Kosten von Pflegeheimbewohnern.
Kaspar Sunder Plaßmann, inav – privates Institut für angewandte Versorgungsforschung GmbH
Einleitung / Introduction
<p>Stürze und respiratorische Infekte machen einen großen Anteil der Krankheitslast bei Pflegeheimbewohnern aus. Oft sind sie Ausgangspunkt für Krankenhauseinweisungen, die bei verbesserter Diagnostik im Pflegeheim, vermieden werden könnten. Im Innovationsfondsprojekt DIKOM (Förderkennzeichen: 01NVF21101) sollen durch eine mobile Diagnostik-Einheit vermeidbare Krankenhauseinweisungen reduziert werden. Die Übersichtsarbeit dient dazu die Modellierung der gesundheitsökonomischen Bewertung des DIKOM-Projekts zu informieren.</p>
Methode / Method
<p>Um den Stand der ökonomischen Forschung auf diesem Gebiet zu erfassen, führen wir derzeit eine Übersichtsarbeit zu stationären Kosten bezogen auf ausgewählte europäische Länder mit fallpauschalierten Vergütungssystemen für die stationäre Versorgung durch. Die im Rahmen der Literaturrecherche (MEDLINE via PubMed) eingeschlossenen Beiträge werden einer kritischen Bewertung der Studienqualität unterzogen. Darüber hinaus werden die Informationen zur Studienpopulation, zu den Gründen der Hospitalisierung und den damit verbundenen Kosten aufbereitet. Ziel ist es, die Datenbasis der Kostenerhebung zu systematisieren, die Methoden der Kostenerhebung zu vergleichen und geeignete Datenquellen für eine gesundheitsökonomische Bewertung im Kontext des deutschen Gesundheitssystems zu identifizieren.</p>
Ergebnisse / Results
<p>Insgesamt wurden 228 Paper identifiziert. Nach dem Abstract Screening durch zwei Reviewer wurden 30 dieser Artikel einer kritischen Bewertung der Studienqualität unterzogen. Die Studienqualität wurde auf Basis der Drummond- Checkliste bewertet. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Qualität sehr heterogen ist. Die Übertragbarkeit der medizinischen Ereignisse und deren Kosten auf den deutschen Versorgungs- und Vergütungskontext wird anschließend diskutiert. Schätzungen im deutschen Setting auf Basis von Routinedaten ergaben für Frakturen des Oberschenkelhalses (inflations- und währungsangepasste) Hospitalisierungskosten zwischen 9.376 € (SD 5.981 €) und 10.762 € (SD 5.596 €). Für Infektionserkrankungen liegen die Kosten für Hospitalisierungen bei 3.516 € für Atemwegsinfektionen bzw. 4.416 € für Lungenentzündungen. Analysen, die nicht nach Indikationen differenzieren, kommen zu anderen Ergebnissen.</p>
Zusammenfassung / Conclusion
<p>Die Versorgungskosten von Pflegeheimbewohnern im Krankenhaus sind bisher wenig untersucht worden. Die gesundheitsökonomische Bewertung neuer Versorgungsformen zur Vermeidung unnötiger Krankenhauseinweisung kann hierbei einen wesentlichen Beitrag leisten, um die Versorgung der Pflegeheimbewohner zu verbessern. Mit diesem Beitrag leisten wir einen Beitrag zur gesundheitsökonomischen Bewertung neue Versorgungsformen.</p>
Authors
Kaspar Sunder Plaßmann, inav – privates Institut für angewandte Versorgungsforschung GmbH
Matthias Dr. Arnold, inav – privates Institut für angewandte Versorgungsforschung GmbH
Erhebung von Implementierungskosten bei neuen Versorgungsformen: Ein Mixed-Methods-Ansatz
Trutz Bommhardt, Bergische Universität Wuppertal
Einleitung / Introduction
Die Einführung neuer Versorgungsformen (nVF) in die bestehenden Praxisroutinen ist für Leistungserbringende in der Regel mit hohen Implementierungskosten (ImpK) verbunden, die je nach gewählter Implementierungsstrategie und den lokalen Bedingungen variieren. ImpK können einen Einfluss auf das Implementierungsverhalten von Leistungserbringenden nehmen und sich hierdurch auf den Implementierungserfolg nVF auswirken. Trotz ihrer Relevanz werden ImpK bisher nur selten aus der Perspektive der Leistungserbringenden in gesundheitsökonomischen Evaluationen komplexer Interventionen betrachtet. Ebenso wird ihre Erhebung aufgrund der oft fehlenden Dokumentation der eingesetzten Implementierungsstrategien als sehr aufwendig empfunden. Anhand von zwei Fallstudien wird dargelegt, wie mithilfe des Time-Driven-Activity-Based-Costings eine praktikable Erhebung der ImpK erfolgen kann.
Methode / Method
Zur ImpK-Erhebung kam in den Fallstudien ein sequentieller Mixed-Methods-Ansatz zum Tragen. Zuerst wurden mit ausgewählten Schlüsselpersonen teilnehmender Organisationen aus dem stationären und ambulanten Versorgungsbereich leitfadengestützte Interviews geführt (n=15). Die Entwicklung der Leitfäden erfolgte mithilfe der Stages of Implementation Completion. Mittels Process-Maps wurden anschließend die Implementierungsprozesse sowie die zugehörigen Ressourceneinheiten und -arten abgebildet sowie ein standardisierter Fragebogen zur Erfassung der Implementierungsaktivitäten entwickelt. Dieser wurde einmalig (Studie 1) oder mehrfach (Studie 2) an Personen mit Implementierungsaufgaben in den teilnehmenden Einrichtungen versendet. Für die abschließende Ermittlung der ImpK wurde der dokumentierte Ressourcenverbrauch mit Standardkosten bewertet und deskriptiv sowie explorativ ausgewertet.
Ergebnisse / Results
Bislang erfolgte der Fragebogenversand in Studie 1 mit einem Rücklauf von ca. 57%. Der erste Erhebungszeitpunkt in Studie 2 ist für Dezember 2024 geplant. Für Studie 1 zeigten sich erhebliche Unterschiede in der Art der Implementierungsaktivitäten (z.B. Vorbereitungsmaßnahmen), der Anzahl der beteiligten Personen, der Dauer der einzelnen Aktivitäten und den damit verbunden ImpK. Diese Schwankungen deuten auf unterschiedliche lokale Ausgangsbedingungen bei Beginn des Implementierungsvorhabens sowie auf diverse Strategien bei der Organisation der Implementierungsprozesse hin. Erste Ergebnisse aus Studie 2 werden zur Jahrestagung vorliegen.
Zusammenfassung / Conclusion
Die Fallstudien skizzieren eine Möglichkeit für die präzise und praktikable Erhebung von ImpK aus der Perspektive der Leistungserbringenden. Die bisherigen Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer detaillierten Analyse von ImpK mittels Mixed-Methods in der gesundheitsökonomischen Evaluation komplexer Interventionen.
Authors
Trutz Bommhardt, Bergische Universität Wuppertal
Juliane Köberlein-Neu, Bergische Universität Wuppertal
Ermittlung von Nutzwerten aus dem PedsQL zur Durchführung gesundheitsökonomischer Analysen in der Kinderorthopädie: Erfahrungen aus der OrthoKids-Studie
Benjamin Scheckel, Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Uniklinik Köln
Einleitung / Introduction
Die frühzeitige Detektion orthopädischer Fehlstellungen im Entwicklungsverlauf von Kindern eröffnet oft die Möglichkeit, diese mit geringen Eingriffen zu korrigieren. Derzeit existiert allerdings für Kinder keine orthopädische Vorsorgeuntersuchung. Das Projekt OrthoKids wurde initiiert, um das Potential einer ergänzenden orthopädischen Vorsorgeuntersuchung für Kinder auszuloten. Dabei wird die Lebensqualität der Kinder erfasst und die Kosten-Effektivität der Vorsorgeuntersuchung modellbasiert untersucht. In der Kinderorthopädie in Deutschland besteht unzureichend Erfahrung in der Nutzung von Lebensqualitätswerten in gesundheitsökonomischen Modellen.
Methode / Method
OrthoKids ist eine prospektive Kohortenstudie mit retrospektiver Vergleichsgruppe. Die Studie beinhaltet eine einmalige orthopädische Vorsorgeuntersuchung für Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 14 Jahren aus Baden-Württemberg. Sofern Auffälligkeiten entdeckt werden, findet nach einem Jahr eine Kontrolluntersuchung statt. Untersuchungsergebnisse sowie eine für die Studie entworfene Anamnese werden in einer Screening-App dokumentiert. Die Eltern füllen zu Beginn der Vorsorgeuntersuchung, nach 6 Monaten sowie nach 12 Monaten über eine mobile App einen Elternfragebogen aus (Proxy-Befragung). Hierüber wird die Lebensqualität des Kindes mittels des Pediatric Quality of Life Inventory TM 4.0 Generic Core Scales (PedsQL) erfasst. Neben der Analyse der Lebensqualität der Kinder wird der PedsQL zur Durchführung einer Kosten-Nutzwert-Analyse in den EQ-5D-Y umgerechnet. Zudem wurden die ermittelten EQ-5D-Y Scores mit weiteren Umrechnungswegen, welche aus dem PedsQL den Child Health Utility Index (CHU-9D) ermitteln, korrelationsbasiert verglichen.
Ergebnisse / Results
Der Elternfragebogen wurde für 5877 Kindern ausgefüllt. Bei 5758 war der PedsQL ausreichend ausgefüllt, um eine Umrechnung vorzunehmen. Für alle Beobachtungen war der Mittelwert (MW) des PedsQL Gesamtscores bei 84,78 (Standardabweichung (SD): 10,29). Der Median betrug 85,87 (Interquartilbereich (IQR): 13,04). Das Minimum lag bei 28,26, das Maximum bei 100. Der aus dem PedsQL errechnete EQ-5D-Y Score hatte einen MW von 0,89 (SD: 0,07). Der Median lag bei 0,91 (IQR: 0,08). Der PedsQL Gesamtscore und der EQ-5D-Y Score je Kind wiesen eine hohe Korrelation auf (r=0,84; p<0,01). Dies traf auch auf die aus dem PedsQL ermittelten CHU-9D Werte zu (r>0,8).
Zusammenfassung / Conclusion
Die Erfassung der Lebensqualität von Kindern mittels psychometrischer Erhebungsinstrumente wie dem PedsQL ermöglicht die Umrechnung in den EQ-5D-Y, um eine Kosten-Nutzwertanalyse durchführen zu können. Die Unterschiede in der Erhebungsform (proxy vs. direkte Befragung) und den Populationscharakteristika sollten jedoch adressiert werden.
Authors
Benjamin Scheckel, Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Uniklinik Köln
Arim Shukri, Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Uniklinik Köln
Marie Naumann, Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Uniklinik Köln
Dusan Simic, Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Uniklinik Köln
Stephanie Stock, Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie, Uniklinik Köln
Simone Deininger, Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
Rüdiger Kucher, Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg
Anne Grohnert, Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS
Michael John, Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS
Mirjam Breig, Orthopädische Klinik, Olgahospital, Klinikum Stuttgart
Oliver Loose, Orthopädische Klinik, Olgahospital, Klinikum Stuttgart
Thomas Wirth, Orthopädische Klinik, Olgahospital, Klinikum Stuttgart
Wirtschaftliche Belastung durch Verwurf bei täglich zu injizierenden Wachstumshormonen aus Perspektive der GKV
Jan-Lennart Paul
Einleitung / Introduction
Pädiatrischer Wachstumshormonmangel (pGHD) ist eine seltene Erkrankung, die eine mehrjährige Behandlung mit Wachstumshormonen (GH) erfordert, die bis 2022 ausschließlich mit täglich zu injizierenden GH möglich war. Während die Auswirkungen von Nicht-Adhärenz auf die Wachstumsergebnisse bereits mehrfach in früheren Studien nachgewiesen wurden, gibt es kaum Untersuchungen zu den wirtschaftlichen Folgen durch Verwurf von GH. Ziel dieser Studie ist es, die jährlichen Kosten für Verwurf von GH-Ampullen zu quantifizieren und diese auf alle pädiatrischen Patienten in der GKV zu extrapolieren.
Methode / Method
Datengrundlage für die Analyse sind klinische Registerdaten von pädiatrischen Patienten mit pGHD, die über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren in einem deutschen Versorgungszentrum behandelt wurden. Die benötigte Referenzmenge an GH-Ampullen ergibt sich aus der Summe der, basierend auf dem Körpergewicht, über zwei Jahre täglich zu injizierenden GH-Menge. Die verbrauchten GH-Ampullen ergeben sich aus der Differenz zwischen den vom behandelnden Arzt abgegebenen und den von den Patienten gemeldeten nicht verbrauchten GH-Ampullen. Verwurf ist definiert als die Anzahl der verbrauchten GH-Ampullen, die über der benötigte Referenzmenge liegt. Die durchschnittlichen Kosten für Verwurf pro Patient wurden nach zwei Jahren ermittelt, anschließend halbiert und schließlich auf die GKV-Population extrapoliert.
Ergebnisse / Results
Die Stichprobe unserer Analyse umfasste 216 Patienten, die mindestens zwei Jahre nachbeobachtet wurden. In den ersten zwei Jahren belaufen sich die durchschnittlichen jährlichen Kosten durch Verwurf an GH auf 1.279 € bis 1.546 €. Ausgehend von einer Prävalenz von 5.578 pädiatrischen Patienten mit GHD in der GKV entspricht dies extrapolierten jährlichen Kosten durch Verwurf von 7.130.664 € bis 8.620.548 € für die GKV.
Zusammenfassung / Conclusion
Der Verwurf von täglich zu injizierenden Wachstumshormonen bei der Behandlung des pGHD belastet das Gesundheitssystem wirtschaftlich und führt zu vermeidbaren Mehrkosten für die gesetzliche Krankenversicherung.
Authors
Jan-Lennart Paul
Klaus Hartmann
Tino Schubert
Gesundheitsökonomische Analysen mit PKV-Rechnungsdaten - Grundlagen und Handlungsempfehlungen der Special Interest Group PKV-Daten
Christian Olaf Jacke, Wissenschaftliches Institut der PKV (WIP), Verband der Privaten Krankenversicherung e.V.
Einleitung / Introduction
Das Interesse an den zunehmend verfügbaren Rechnungsdaten der privaten Krankenversicherungen (PKV-Daten) steigt stetig, insbesondere im Bereich der Gesundheitsökonomie. Dem steht aber vergleichsweise wenig Wissen über die PKV und Privatversicherten gegenüber. Methodisches Erfahrungswissen im Umgang mit PKV-Daten ist noch weniger verfügbar, was die Special Interest Group für PKV-Daten der Arbeitsgruppe Erhebung und Nutzung von Sekundärdaten (AGENS) mit ihrer Konstitution seit 2022 beheben will.
Methode / Method
Studien mit PKV-Sekundärdaten gibt es, wenn auch wenige. So werden im Rahmen der NAKO Gesundheitsstudie, der Gutenberg-Gesundheitsstudie, dem Projekt IPHA und diversen Analysen des Wissenschaftlichen Instituts der PKV einige PKV-Daten verarbeitet und publiziert. Das dabei gesammelte methodische Wissen ging in einem systematischen und konsensualen Verfahren in mehrere Publikationen ein.
Ergebnisse / Results
PKV-Daten unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von den Routinedaten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), zudem bringen sie ihre Besonderheiten mit. Aus diesem Grund dreht sich die Publikation zum Thema „Ambulante Rechnungsdaten und Arzneimitteldaten der privaten Krankenversicherung – Teil 1: Grundlagen und Voraussetzungen für die wissenschaftliche Nutzung“ um Grundlegungen, die für Interessierte zur Erschließung des Themenfelds und der Bearbeitung von PKV-Daten notwendig sind. Infolge des fundamentalen Unterschieds des Kostenerstattungsprinzips in der PKV zum Sachleistungsprinzip der GKV zeigt „Teil 2: Datenentstehung und Datenfluss“ die Besonderheiten auf, die insbesondere bei der Auswahl der Daten und des Datenumfangs sowie des Variablensets von Bedeutung sind. „Teil 3: Konsequenzen für die Forschung“ (Arbeitstitel) widmet sich den methodischen Fallstricken und möglichen methodischen Lösungen, um zu bearbeitbaren Fragestellungen mit PKV-Daten zu kommen.
Zusammenfassung / Conclusion
PKV-Daten sind mit dem Informationsgehalt von GKV-Daten vergleichbar. Unter Berücksichtigung der datenschutzrechtlichen Anforderungen, Besonderheiten der Versicherten- und Tarifstruktur, zum Teil alternierenden Leistungskatalogen und anderen Abrechnungssystematiken ist die Beantwortung von gesundheitsökonomischen Fragestellungen mit PKV-Daten möglich.
Authors
Christian Olaf Jacke, Wissenschaftliches Institut der PKV (WIP), Verband der Privaten Krankenversicherung e.V.
Katharina Achstetter, Institut für Technologie und Management, Technische Universität Berlin
Tatjana Begerow, Wissenschaftliches Institut der PKV (WIP), Verband der Privaten Krankenversicherung e.V.
Ludwig Goldhahn, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Universität Magdeburg
Holger Gothe, Wissenschaftliches Institut der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen GmbH, Köln
Philipp Hengel, Institut für Technologie und Management, Technische Universität Berlin
Julia Köppen, Institut für Technologie und Management, Technische Universität Berlin
Mario Kortmann, Debeka Krankenversicherungsverein a. G., Koblenz
Philipp Ramm, Generali Health Solutions GmbH, Köln
Julia Schaarschmidt, Wissenschaftliches Institut der PKV (WIP), Verband der Privaten Krankenversicherung e.V.
Christoph Stallmann, Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung, Universität Magdeburg
Führt die Preisanhebung bei Kinderarzneimitteln durch das ALBVVG zu höheren Netto-Erlösen? – Eine deskriptive Analyse
Kristina Humpert- Kuehn, Ecker + Ecker GmbH
Einleitung / Introduction
Mit dem ALBVVG sollen Kinderarzneimittel, die bisher festbetragsreguliert sind, vom Festbetrag (FB) ausgenommen sowie eine Preisanhebung über den letzten FB ermöglicht werden (§ 35 Abs. 5a SGB V). Dafür erstellt das BfArM eine Liste von Arzneimitteln, die auf Grund der zugelassenen Darreichungsformen und Wirkstärken zur Behandlung von Kindern notwendig sind. Der GKV-SV hebt die Festbeträge auf und die Preise können um 50% über den bisherigen FB angehoben werden, ohne einen Preismoratoriumsrabatt auszulösen (§ 130a Abs. 3d SGB V). Da aber eine Vielzahl der Kinderarzneimittel bereits vor Einführung des ALBVVG zu höheren Preisen als der FB angeboten wurde, wird im Folgenden untersucht, wie sich die Aufhebung der FB und daran anschließende Preisanpassungen auf den Netto-Erlös auswirken.
Methode / Method
Die Datengrundlage bilden die nach § 35 Abs. 5a SGB V vom GKV-SV freigestellten PZN (Update erfolgt bis März). Für diese PZN werden die Preise und anfallenden Rabatte zum Zeitpunkt vor FB-Aufhebung (letzte Lauertaxen-Meldung vor Aufhebung = T–1) sowie zum ersten Meldezeitpunkt nach Wirksamwerden der FB-Aufhebung (= T 0) ermittelt. Es wird jeweils der Netto-Erlös zu T–1 und T0 errechnet, indem der ApU um die anfallenden Rabatte nach § 130a Abs. 1 SGB V (Herstellerrabatte i. H. v. 7 bzw. 6%), nach § 130a Abs. 3a SGB V (Preismoratoriumsrabatt) und nach § 130a Abs. 3b SGB V (Generikarabatt i. H. v. 10%), reduziert wird. Die Netto-Erlöse zu T–1 und T0 werden pro PZN verglichen. Die Ergebnisse werden für unterschiedliche Konstellationen vor Aufhebung des FB unterschieden: A) Preis = FB, B) Preis > FB, C) Preis < FB. Die Auswertung erfolgt deskriptiv anhand der Netto-Erlöse von T0 minus T –1 geteilt durch T –1, die für A) bis C) gemittelt werden.
Ergebnisse / Results
Bis zum 15.11.2024 sind für insgesamt 700 Kinder-PZN die Aufhebung der Festbeträge wirksam geworden, 639 PZN waren davon zum Zeitpunkt T0 noch in Vertrieb. Davon fallen in die Konstellation A) 166 PZN (26,0 %), in B) 189 PZN (29,6 %) und C) 284 PZN (44,4 %). Der Netto-Erlös ändert sich bei A) durchschnittlich um +3,9 %, in B) um –23,5 % und für C) um –1,1 %. Bei Konstellation B) sind besonders hohe Erlöseinbußen zu beobachten, wenn der Anbieter seinen Preis nicht angepasst hat und über dem neuen Basispreis liegt, da das Preismoratorium wirksam wird (durchschnittlich –36,5 % Erlöseinbußen). Vorteilhaft ist es für die Anbieter, die ihre Preise auf den neuen Basispreis anheben (aus Konstellation A) +32,2 % und C) +58,4 %).
Zusammenfassung / Conclusion
Für Konstellation B) liegen die Netto-Erlöse nach Aufhebung der Festbeträge deutlich unter denen vor FB-Aufhebung. Bei diesen Konstellationen hat das Gesetz eine neue steuernde Wirkung. Auch in Konstellation A) können die Netto-Erlöse aufgrund neu anfallender Herstellerrabatte nicht um +50% erhöht werden.
Authors
Kristina Humpert- Kuehn, Ecker + Ecker GmbH
Amrit Pal Singh, Ecker + Ecker GmbH
Katharina Schmidt, Ecker + Ecker GmbH
Finanzielle Anreize und ihr möglicher Einfluss auf strahlentherapeutische Entscheidungen in der Krebsmedizin: Ergebnisse einer GKV-Routinedatenanalyse
Gereon Brei, Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement (AG 5), Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld
Birthe Aufenberg, Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement (AG 5), Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld
Einleitung / Introduction
Der mögliche Einfluss finanzieller Anreize in der krebstherapeutischen Entscheidungsfindung ist zunehmend Gegenstand wissenschaftlicher und gesellschaftlicher Diskussionen. Jedoch mangelt es an Evidenz, in welchen konkreten Entscheidungssituationen finanzielle Faktoren eine Rolle spielen. Das ELABORATE-Projekt ermittelt und analysiert den Einfluss finanzieller Erwägungen auf medizinische Entscheidungssituationen in der Krebsmedizin.
Methode / Method
Im Rahmen von qualitativen, semi-strukturierten Expert:inneninterviews konnten 21 Entscheidungssituationen, in denen eine finanzielle Beeinflussung wahrgenommen wird, identifiziert werden. Unter anderem wurde die Entscheidung über die Anzahl der applizierten Fraktionen bei der Bestrahlung von schmerzhaften ossären Metastasen aufgrund kostenüberdeckender Vergütung als finanziell beeinflusst angesehen. Die methodische Operationalisierung der ausgewählten Entscheidungssituation zur Identifikation in den GKV-Routinedaten einer großen Krankenkasse erfolgt über ICD-10- und OPS-Codes sowie EBM-Ziffern. Eine Verifizierung der Krebsdiagnosen, unter anderem über das M2Q-Kriterium, wird vorgenommen und Charakteristika der Studienpopulation werden ermittelt. Weitere potenziell verbundene Einflussfaktoren werden identifiziert und kategorisiert. Anschließend erfolgt eine empirische Überprüfung und Ermittlung der Häufigkeit an applizierten Fraktionen in der Studienpopulation sowie eine Untersuchung möglicher Einflussfaktoren.
Ergebnisse / Results
Erste deskriptive Analysen zeigen, dass eine große Streuung hinsichtlich der Anzahl an Fraktionen in der betrachteten Studienpopulation besteht. Dies könnte darauf hindeuten, dass unterschiedliche Therapieentscheidungen getroffen werden.
Zusammenfassung / Conclusion
Es ist weiter zu prüfen und zu quantifizieren, inwiefern und in welchem Ausmaß die identifizierten Entscheidungssituationen die Patient:innenversorgung in der Krebsmedizin beeinflussen. Unter Berücksichtigung der vorangegangenen qualitativen Ergebnisse scheinen finanzielle Überlegungen jedoch Auswirkungen auf medizinische Behandlungsentscheidungen zu haben. Weitere kombinierte empirische und ethische Analysen sind erforderlich, um Handlungsempfehlungen für den angemessenen Umgang mit diesen finanziellen Anreizen zu erarbeiten.
Authors
Gereon Brei, Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement (AG 5), Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld
Birthe Aufenberg, Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement (AG 5), Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld
Julia König, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), NCT Heidelberg, DKFZ/Universitätsklinikum Heidelberg, Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät Heidelberg, Abteilung für Medizinische Onkologie, Sektion Translationale Medizinethik
Sabine Sommerlatte, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Profilzentrum Gesundheitswissenschaften, Universitätsmedizin Halle, Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Katja Mehlis, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), NCT Heidelberg, DKFZ/Universitätsklinikum Heidelberg, Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät Heidelberg, Abteilung für Medizinische Onkologie, Sektion Translationale Medizinethik
Eva Winkler, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen (NCT), NCT Heidelberg, DKFZ/Universitätsklinikum Heidelberg, Universität Heidelberg, Medizinische Fakultät Heidelberg, Abteilung für Medizinische Onkologie, Sektion Translationale Medizinethik
Jan Schildmann, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Profilzentrum Gesundheitswissenschaften, Universitätsmedizin Halle, Medizinische Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Wolfgang Greiner, Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement (AG 5), Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität Bielefeld
Impflücken bei älteren Erwachsenen in Deutschland: Ergebnisse einer GKV-Routinedatenanalyse zur Inanspruchnahme der Influenzaimpfung, 2016-2023
Anna C. Meyer, Sanofi-Aventis GmbH
Einleitung / Introduction
Die STIKO empfiehlt allen Erwachsenen ab 60 Jahren eine jährliche Impfung gegen Influenza. Dennoch bleiben die Impfquoten weit hinter den Zielvorgaben der WHO zurück, die eine Impfquote von mindestens 75 % bei älteren Personen vorsehen. Diese Studie untersucht die Lücken in Bezug auf Influenza-Impfquoten in der älteren Bevölkerung mit Fokus auf Gruppen, die aufgrund von chronischen Erkrankungen ein besonders hohes Risiko für einen schweren Influenzaverlauf aufweisen.
Methode / Method
Diese retrospektive Kohortenstudie basiert auf der Datenbank der GWQ ServicePlus AG, die Daten von 20 kleinen und mittelgroßen gesetzlichen Krankenkassen mit jährlich bis zu 4,5 Millionen Versicherten enthält. Saisonale Impfquoten wurden für alle Influenzasaisons von 2016/2017 bis 2022/2023 in verschiedenen Bevölkerungsgruppen berechnet. Diese wurden durch Alter, Geschlecht, die Prävalenz von impfrelevanten chronischen Erkrankungen und die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen, wie die Teilnahme an Disease-Management-Programmen (DMP) oder an der hausarztzentrierten Versorgung, definiert. Erstmals wurde auch die Häufigkeit von Arztkontakten im impfrelevanten Zeitraum von September bis Februar untersucht.
Ergebnisse / Results
Unsere Studie umfasst pro Saison bis zu 836,390 Personen im Alter von mindestens 60 Jahren, von denen etwa 80 % impfrelevante Grunderkrankungen hatten. Rund 25 % der Studienpopulation nahmen an mindestens einem DMP teil. In fast allen untersuchten Gruppen stiegen die Impfquoten bis 2020/2021 kontinuierlich an, gingen in den nachfolgenden Saisons allerdings leicht zurück. Insgesamt lagen die Impfquoten bei den über 60-Jährigen zwischen 34,8 % in der Saison 2016/2017 und 47,5 % in der Saison 2020/2021. Bei Personen über 60 Jahren mit impfrelevanten Grunderkrankungen lagen die saisonalen Impfquoten zwischen 39,9 % und 53,6 %. Höhere Impfquoten wurden bei Personen, die an DMP teilnahmen, beobachtet; hier lagen die Impfquoten der über 60-Jährigen zwischen 46,4 % und 61,1 %. Im saisonübergreifenden Durchschnitt hatte rund die Hälfte der ungeimpften Erwachsenen über 60 Jahren mit chronischer Erkrankung mindestens fünf Arztkontakte während des für die Verhinderung von Influenza-Infektionen Influenza impfrelevanten Sechs-Monats-Zeitraums.
Zusammenfassung / Conclusion
Die Influenza-Impfquoten sind in der Hochrisikogruppe von älteren Menschen mit impfrelevanten Grunderkrankungen unzureichend, insbesondere bei denen, die nicht an strukturierten Behandlungsprogrammen teilnehmen. Die beträchtliche Anzahl von Arztkontakten unter Ungeimpften könnte ungenutzte Möglichkeiten zur Immunisierung darstellen. Neue Strategien, um Impfungen im Arzt-Patienten-Kontakt zu erleichtern, sollten entwickelt und auf breiter Basis umgesetzt werden, um höhere Impfquoten zu erreichen.
Authors
Daniel Gensorowsky, Vandage GmbH
Bastian Surmann, Vandage GmbH
Kylie Braegelmann, Vandage GmbH
Anahita Poshtiban, Sanofi-Aventis GmbH
Anna C. Meyer, Sanofi-Aventis GmbH
Tomas Jelinek
Jörg Schelling
Oliver Damm, Sanofi-Aventis GmbH
Julian Witte, Vandage GmbH
Ökonomische Analyse verschiedener therapeutischer Strategien bei intravenösen Eisenpräparaten unter Verwendung eines an die deutsche Versorgungssituation angepassten Budget-Impact-Modells
Mathias Flume, Gene Access Gmbh
Einleitung / Introduction
Intravenöse (IV) Eisensubstitution ist ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung von Eisenmangel. Zwei IV-Eisenpräparate mit unterschiedlichen Dosierungsschemata werden häufig verwendet: Ferric-Derisomaltose (FDI) und Ferric-Carboxymaltose (FCM). IV-Eisen wird u.a. bei Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen, Herzinsuffizienz und im Rahmen des Patient Blood Management eingesetzt. Hochdosierte IV-Eisenpräparate wie FDI und FCM weisen in klinischen Studien ein vergleichbares Sicherheitsprofil hinsichtlich Überempfindlichkeitsreaktionen auf.(1) Allerdings wurde in randomisierten kontrollierten Studien festgestellt, dass FCM im Vergleich zu FDI mit einer höheren Inzidenz von Hypophosphatämie assoziiert ist.(2) Darüber hinaus zeigen neue Daten, dass FCM – im Gegensatz zu FDI – mit einem erhöhten Frakturrisiko verbunden ist.(3,4) In den letzten Jahren haben sich die Kostenstrukturen im Gesundheitswesen in Deutschland erheblich verändert. Basierend auf diesen Veränderungen analysiert die laufende Untersuchung die ökonomischen Implikationen verschiedener Strategien der IV-Eisentherapie.
Methode / Method
Ein Excel-basiertes Modell wird verwendet, um die aktuellen direkten Kosten der IV-Eisensubstitution aus stationärer, vorstationärer und ambulanter Perspektive zu analysieren.
Ergebnisse / Results
Erste Ergebnisse zeigen, dass neben den direkten Arzneimittelkosten auch relevante Optimierungspotentiale durch effektiveren Einsatz personeller und sächlicher Ressourcen entstehen. Weitere Ergebnisse werden nach Abschluss der Analyse ergänzt.
Zusammenfassung / Conclusion
Abhängig von Indikation sowie der individuellen Patienten- und Kostenstruktur kann das entwickelte Modell Hilfestellung zur Auswahl einer optimierten Therapiestrategie geben. Basierend auf den finalen Analysedaten werden detaillierte Ergebnisse diskutiert. 1) Kennedy NA et al, Int J Clin Pharm. 2023 Jun;45(3):604-612 2) Zoller H et al, Gut. 2023 Apr;72(4):644-653. 3) Wagner S et al, EIC 2024; 23-26 April 2024; Toulouse, France2024. 4) Zoller H et al, Blood. 2023;142:3838-9.
Authors
Mathias Flume, Gene Access GmbH
Markus Thalheimer, Uniklinik Heidelberg
Potenziale digitaler Plattformen zur Förderung regionaler intersektoraler Versorgungsnetze
Laurens Lammers, GesundheitsCampus der Universität und Hochschule Osnabrück
Einleitung / Introduction
Die zukünftige Finanzierung des deutschen Gesundheitswesens ist herausfordernd, weshalb Strukturreformen für nachhaltige Ausgabensenkungen notwendig sind. Regionale intersektorale Versorgungskonzepte sowie die Etablierung digitaler Plattformen versprechen Potenziale zur Effizienz- und Qualitätssteigerung. Vor diesem Hintergrund erfolgte eine Untersuchung der Forschungsfrage: „Inwiefern können digitale Plattformen die Gestaltung von regionalen intersektoralen Versorgungsnetzen fördern?“. Dabei standen die Überwindung von Sektorengrenzen und die Förderung regionaler Versorgungsnetze im Vordergrund und praktische sowie konzeptionelle Implikationen wurden identifiziert.
Methode / Method
Diese Mixed-Methods-Studie verfolgte einen qualitativen, explorativen Ansatz, der sich auf die Analyse des Potenzials digitaler Plattformen konzentriert. Hierfür wurden zwei strukturierte Literaturrecherchen durchgeführt: Eine fokussierte sich auf fördernde und hemmende Faktoren der intersektoralen Versorgung; die andere auf Potenziale digitaler Plattformen im deutschen Gesundheitswesen. Anschließend wurden zehn leitfadengestützte Experteninterviews mit Vertretern aus den Bereichen Leistungserbringer, Kostenträger und Plattformanbieter durchgeführt, bei denen insbesondere auch die Potenziale auf regionaler Ebene fokussiert wurden. Die Ergebnisse wurden anschließend anhand der Service-Dominant Logic strukturiert und analysiert.
Ergebnisse / Results
Die Ergebnisse lassen sich in vier zentrale Aussagen zusammenfassen: 1) Digitale Plattformen erleichtern sektorenübergreifende Leistungserbringung und fördern die Kontinuität der Behandlung. 2) Sie ermöglichen eine stärkere Individualisierung der Versorgung und stärken das Empowerment der Patienten. 3) Sie fördern den Aufbau regionaler Gesundheitsökosysteme durch effiziente Vernetzung und Ko-Kreation von Werten. 4) Sie fördern intersektorale regionale Versorgung; die Potenzialhebung wird jedoch durch restriktive gesetzliche Rahmenbedingungen sowie komplexe technische Herausforderungen eingeschränkt.
Zusammenfassung / Conclusion
Die Ergebnisse bestätigen das transformative Potenzial digitaler Plattformen und die Bedeutung von Kooperation und Ressourcenteilung. Zugleich ist es erforderlich, regulatorische, infrastrukturelle und kulturelle Barrieren zu überwinden, um ihr volles Potenzial ausschöpfen zu können. Das methodische Vorgehen war geeignet, die explorative Zielsetzung zu erreichen, limitiert jedoch die Allgemeingültigkeit der Ergebnisse. Diese stellen eine erste Annäherung an den Untersuchungsgegenstand dar und erweitern den Wissensstand. Weiterführende Forschungsansätze betreffen das Zusammenspiel digitaler Plattformen mit der Telematikinfrastruktur, das Spannungsfeld zwischen Regionalisierung und Skalierbarkeit sowie die Balance zwischen Innovationsfreiraum und Regulierung.
Authors
Laurens Lammers, GesundheitsCampus der Universität und Hochschule Osnabrück
Daniel Kalthoff, GesundheitsCampus der Universität und Hochschule Osnabrück
Michael Burkard, Lehrstuhl für Medizinmanagement und Versorgungsforschung, Universität Bayreuth
Das deutsche Gesundheitssystem verstehen – Empirische Untersuchung eines Online-Lehrkonzepts
Julius Wiemschulte, Justus-Liebig-Universität Gießen
Einleitung / Introduction
<p>Das Verständnis des komplexen deutschen Gesundheitssystems mit seinen zahlreichen Selbstverwaltungsakteuren und staatlichen Behörden stellt insbesondere für Studierende eine große Herausforderung dar. Die Gestaltung effektiver Lehrkonzepte ist daher sowohl für wirtschaftswissenschaftliche Studiengänge mit gesundheitsökonomischen Komponenten als auch für medizinische Studiengänge, die entsprechende Kurse gemäß den Approbationsordnungen anbieten müssen, von zentraler Bedeutung. In einem entsprechenden Kurs des Humanmedizinstudiums an der Justus-Liebig-Universität Gießen wurde ein Online-Lehrkonzept erprobt, bei dem traditionelle Vorlesungen durch Experteninterviews aus dem Gesundheitswesen ersetzt wurden. Im Vergleich zur Ringvorlesung bieten die Online-Materialien eine stärkere inhaltliche Strukturierung im Vorfeld sowie die Möglichkeit des jederzeitigen Zugriffs. Der Aufbau der Materialien orientiert sich an bestehenden Forschungsergebnissen.</p>
Methode / Method
<p>Der Lernerfolg wurde empirisch durch 20 klausurähnliche Single-Choice-Fragen gemessen, die einen Vergleich zwischen dem Online- und dem klassischen Lehrformat ermöglichten. Insgesamt nahmen 275 Studierende an zwei Universitäten im Sommersemester 2024 teil. In Gießen wurde mittels des Onlinekurses gelehrt, wohingegen an der zweiten Universität klassische Lehrformate eingesetzt wurden. Die Ergebnisse wurden mittels Wilcoxon-Rangsummentest analysiert.</p>
Ergebnisse / Results
<p>Studierende, die die Online-Materialien nutzten, erzielten signifikant höhere Punktzahlen mit großer Effektstärke. Diese Überlegenheit zeigte sich konsistent über alle gestellten Fragen hinweg. Zudem wiesen die Online-Materialien eine hohe Bearbeitungsquote auf.</p>
Zusammenfassung / Conclusion
<p>Die Ergebnisse dieser Untersuchung bestätigen die bestehende Literaturlage. Der gute Lernerfolg und die hohen Bearbeitungsquote sprechen für einen (weiteren) Einsatz der Materialien. Entscheidend für den Erfolg war vermutlich die didaktische Gestaltung der Materialien. Solche Online-Konzepte könnten eine sinnvolle Lösung darstellen, um das Wissen der Studierenden über das Gesundheitssystem nachhaltig zu fördern. Zukünftige Studien sollten untersuchen, welche spezifischen Elemente der Materialien in welchem Ausmaß zum Lernerfolg beitragen.</p>